Wenn es ums Verladen von Pferden geht, kursieren unzählige Meinungen. Sätze wie:

„Der muss da jetzt drauf!“,
„Du darfst dir das nicht gefallen lassen!“
oder „Zeig ihm, dass du der Chef bist!“

…hört man leider immer wieder.

Doch Hand aufs Herz: Haben dich solche Ratschläge je wirklich weitergebracht?

Vielleicht spürst du schon lange, dass Druck und Zwang nicht der Weg sind, den du mit deinem Pferd gehen möchtest. Es entspricht nicht deiner inneren Haltung. Und doch gab es manchmal keine andere Möglichkeit, als dein Pferd irgendwie auf den Anhänger zu bekommen. Vielleicht fühlst du dich sogar schuldig, weil du mehr Druck machst, als du eigentlich willst.

In diesem Artikel räume ich mit den fünf größten Mythen beim Verladen von Pferden auf. Ich zeige dir, warum Dominanz im modernen Pferdetraining keinen Platz mehr hat, wie Pferde tatsächlich lernen und weshalb ein tiefes Verständnis für ihr Verhalten oft der wichtigste erste Schritt ist – bevor du überhaupt ans Verladetraining denkst.

Denn das Verladen von Pferden muss kein Machtkampf sein. Es geht auch anders: ruhig, sicher und freiwillig.

Angie Rosier Smarthorseacademy

Probetraining

Du möchtest dein Pferd stressfrei verladen – mit einer Begleitung, die wirklich zu euch passt?

Im Probetraining schauen wir uns an wo ihr gerade steht und wo ihr Unterstützung benötigt – vor Ort bei dir am Stall oder online. Du bekommst eine fachliche Einschätzung zum Verhalten deines Pferdes und erste Impulse, wie du das Training pferdegerecht und verständlich aufbauen kannst. Das Probetraining gibt dir einen klaren Einblick in meine Arbeitsweise. Du entscheidest danach, ob du weiter mit mir zusammenarbeiten möchtest.

Dominanz hat im modernen Verladetraining nichts zu suchen

Die sogenannte Dominanztheorie gilt aus Sicht der heutigen Verhaltensforschung als überholt. Lange Zeit ging man davon aus, dass Pferde in einer strengen Rangordnung leben und der Mensch sich deshalb als „Leittier“ durchsetzen müsse.

Diese Vorstellung basierte jedoch auf veralteten Beobachtungen von Pferden in Gefangenschaft unter unnatürlichen Haltungsbedingungen. Verhaltensweisen wie Drohen, Beißen oder Wegjagen wurden damals als Zeichen von Dominanz gedeutet. Heute weiß man: Das sind Stressreaktionen – ausgelöst durch Enge, Frustration oder soziale Spannungen innerhalb einer Pferdegruppe.

Pferde leben nicht in einer starren Rangordnung

Aktuelle Studien bestätigen: Pferde leben in komplexen, flexiblen Sozialstrukturen. Führungsrollen sind situationsabhängig und können sich je nach Kontext verändern. Auch mittelrangige Tiere können zeitweise eine Gruppe anführen – z. B. bei der Futtersuche oder in Gefahrensituationen.

Entscheidungen innerhalb der Herde werden häufig gemeinschaftlich getroffen – nicht von einem einzelnen dominanten Tier.

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Mythos 1: „Der darf damit nicht durchkommen!“

Dein Pferd arbeitet nicht gegen dich

Diese Aussage unterstellt dem Pferd ein bewusstes, trotziges Verhalten. Doch Pferde handeln nicht gegen uns – sie reagieren instinktiv auf ihre Umwelt.

Wenn ein Pferd sich weigert, auf den Anhänger zu gehen, liegt das fast immer an Angst, Unsicherheit oder schlechten Erfahrungen.

Pferde streben nicht nach Macht

Was Pferde wirklich suchen, ist Schutz und Sicherheit. Sie meiden Konflikte und haben kein Bedürfnis, andere zu dominieren.

Strafe verstärkt Angst und Unsicherheit

Zwang oder Bestrafung können kurzfristig Gehorsam erzeugen – langfristig verstärken sie jedoch Angst, Misstrauen und Fluchtverhalten. Das Pferd steigt irgendwann ein, weil es keinen Ausweg mehr sieht – nicht, weil es verstanden hat, dass der Anhänger ungefährlich ist. Das nennt man erlernte Hilflosigkeit.

Ein Pferd, das plötzlich ruhig wird, obwohl es sich vorher massiv gewehrt hat, steht innerlich oft unter großem Stress. Diese Anspannung kann sich jederzeit unkontrolliert entladen.

Mythos 2: „Der hat keine Angst, der will nur nicht!“

Dieser Gedanke entsteht oft, wenn keine andere Erklärung gefunden wird. Dabei wird das Verhalten des Pferdes mit menschlichen Motiven wie Bequemlichkeit verwechselt.

Pferde denken nicht wie Menschen

Ihnen fehlt der Teil des Gehirns, der für strategisches Denken und die Vorausplanung verantwortlich ist. Bei Menschen ist der präfrontale Cortex hingegen stark ausgeprägt. Das ist auch einer der Hauptunterschiede in der Denkweise von Mensch und Pferd.

Angst zeigt sich oft subtil

Frühe Signale werden leicht übersehen. Typische Anzeichen von Angst im Gesichtsausdruck sind:

  • Steif nach hinten gerichtete Ohren (nicht angelegt)
  • Geweitete Nüstern
  • Geöffnetes Maul
  • Sichtbares Weiß im Auge (Sklera)
  • Verlängerte Oberlippe (nicht zu verwechseln mit dem Putzgesicht)

Mythos 3: „Der muss da jetzt drauf, sonst hast du beim nächsten Mal verloren!“

Zwang ist keine langfristige Lösung

Dieser Mythos beruht auf der Annahme, dass das Pferd eine unerwünschte Verhaltensweise lernt, wenn man seinem Willen nachgibt. In Wahrheit verstärken Zwang und Druck nur die negativen Gefühle und führen zu noch mehr Gegenwehr.

Negative Erfahrungen verankern sich tief im Gedächtnis

Angst wird im limbischen System – insbesondere in der Amygdala – gespeichert. So kann bereits der Anblick des Anhängers später Stress auslösen.

Lernen braucht Wiederholung und positive Erfahrungen

Langfristiges, freiwilliges Verhalten entsteht nur durch positive Erfahrungen und klare Signale – nicht durch Druck.

Mythos 4: „Zeig ihm, dass du der Chef bist!“

Dominanz schafft kein Vertrauen

Vertrauen basiert nicht auf Härte, sondern auf Sicherheit, Ruhe und Klarheit. Pferde orientieren sich an verlässlichen, souveränen Partnern – nicht an dominanten oder aggressiven.

Mythos 5: „Mach draußen Druck und gib ihm im Hänger Ruhe!“

Falscher Einsatz von Druck führt zu erlernter Hilflosigkeit

Diese Methode erscheint sanft, ist es aber nicht. Druck vor dem Anhänger, um den Hänger als „Ruhepol“ erscheinen zu lassen, kann schnell in Stress und Hilflosigkeit umschlagen.

Negative Verstärkung braucht Klarheit

Negative Verstärkung heißt: Der Druck hört auf, sobald das Pferd richtig reagiert. Dafür muss es aber erkennen können, welches Verhalten den Druck beendet – und eine echte Wahl haben.

Beim genannten Prinzip fehlt genau diese Klarheit. Der Druck bleibt oft bestehen, auch wenn das Pferd sich korrekt verhält – und führt damit eher zu Frust als zu positiven Verhalten. Den Druck einfacher immer und immer weiter zu erhöhen, führt meistens nicht zum Ziel.

So verknüpft dein Pferd den Anhänger positiv

Setze stattdessen auf:

  • kleinschrittiges Training
  • klare Signale
  • positive Erfahrungen
  • Wiederholung ohne Druck

Fazit: Verladen von Pferden geht auch anders – stressfrei und nachhaltig

Das Verladen von Pferden ist keine Frage von Dominanz oder Durchsetzungsvermögen, sondern von Vertrauen, Geduld und guter Vorbereitung.

Merke:

  • Pferde verweigern nicht aus Trotz – oft ist Angst die Ursache
  • Druck und Zwang schaffen mehr Probleme, als sie lösen
  • Kleinschrittiges, positives Training führt zu freiwilligem Verhalten
  • Die moderne Verhaltensforschung zeigt: Pferde lernen am besten in einer ruhigen, stressarmen Umgebung

Wenn du möchtest, dass dein Pferd langfristig ruhig, sicher und freiwillig in den Anhänger geht, führt kein Weg an einem bewussten, pferdefreundlichen Weg vorbei.

Mein Trainingsansatz: Dein Einstieg ins pferdefreundliche Verladetraining

Die Grundlage meiner Arbeit ist aktuelles Wissen aus der Verhaltensforschung und modernen Trainingslehre. Ich arbeite nicht nach dem Motto „Das haben wir schon immer so gemacht“, sondern auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse darüber, wie Pferde denken, lernen und fühlen.

Mir ist wichtig: Pferde sollen verstehen, was sie tun – nicht einfach nur funktionieren.

Echtes Vertrauen entsteht durch:

  • Klare und verlässliche Kommunikation
  • Berücksichtigung der Bedürfnisse des Pferdes
  • Einen respektvollen Umgang auf Augenhöhe

Am Ende hast du die Wahl:

Willst du, dass sich dein Pferd verladen lässt, weil es keine andere Wahl hat? Oder möchtest du ein Pferd, das dir freiwillig folgt – weil es dir vertraut?

In diesem Artikel zeige ich dir die drei Grundprinzipien, mit denen du den Grundstein für ein stressfreies, pferdegerechtes Verladen legst.

Quellen:

  • McGreevy, P. & McLean, A. (2010). Equitation Science. Wiley-Blackwell.
  • Innes, L. & McBride, S. (2008). Negative versus positive reinforcement: An evaluation of training strategies for rehabilitated horses.
  • Sankey, C., Richard-Yris, M.A., Henry, S., Hausberger, M. (2010). Reinforcement as a mediator of the human–horse relationship. Applied Animal Behaviour Science, 125(1–2).
  • Krüger, K. (2007). Verhaltensbiologische Untersuchungen zur sozialen Organisation, Kommunikation und zum Dominanzverhalten bei Hauspferden. Universität Regensburg.
  • Krüger, K. (2012). Dominanztheorie – Ein veraltetes Konzept? In: Mensch & Pferd International, 1/2012.
  • Hall, C., Goodwin, D., Heleski, C., Randle, H., Waran, N. (2008). Is There Evidence of Learned Helplessness in Horses?
  • Hartmann, E., Christensen, J.W., & McGreevy, P.D. (2017). Dominance and leadership: Useful concepts in human–horse interactions? Journal of Equine Veterinary Science, 52, 1–9.
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